Berit Gründler
Bremen
Unser erster Drehtag liegt hinter uns und wir sind voller Eindrücke. Wir haben schon jetzt Dutzende Menschen getroffen, die uns tief beeindruckt haben mit ihrem selbstverständlichen, unaufgeregten Engagement füreinander. Wenn das an den anderen Standorten so weitergeht, werden wir am Ende unserer Reise gar nicht mehr wissen, wohin mit all den wunderbaren Geschichten.
Hier wird nicht nur übergangsweise gewohnt
Das Übergangswohnheim Mitte in Bremen liegt ein wenig versteckt und war deshalb gar nicht so leicht zu finden. Dafür sind die Bedingungen hier ganz anders als man sie erwartet, wenn man „Übergangswohnheim“ liest: Rund 170 Menschen leben hier, es gibt Malkurse, Yogastunden, Volleyball, Deutschkurse, Nähkurse … Bis zu 50 Ehrenamtliche sorgen dafür, dass die Menschen nicht nur untergebracht sind, sondern ein möglichst gutes Leben führen können.
Einer von ihnen ist Mohammad Zafar. Der 25-jährige floh selbst mit seinen drei Geschwistern aus Afghanistan. Sein Vater wurde von den Taliban ermordet, auch seine Mutter ist nicht mehr am Leben. Er ist ausgebildeter Schneider, macht inzwischen in einer Bremer Schneiderei eine Hospitanz und – lebt nun nicht mehr im Übergangswohnheim. Zu verdanken ist das dem Einsatz der beiden Patinnen Marita und Gisela: sie haben ihm bei der Wohnungssuche geholfen. Trotzdem ist Mohammad noch regelmäßig im Wohnheim zugange: Er möchte zurückgeben, was er an Unterstützung erfahren hat und hilft deshalb der ebenfalls ehrenamtlichen Leiterin des Nähkurses, Doris Kutscher.
Eine Sprache für die neue Heimat
Wir haben am Nähkurs teilgenommen, wir waren aber auch beim Volleyballspielen mit der 23-jährigen Fatou Sanyang von AWO ProSozial, die fast täglich im Heim unterstützt und vor allem die Jugendlichen in ihr Herz geschlossen hat, und im Deutschkurs von Manfred Schauff, der als pensionierter Lehrer seit fast einem Jahr den Menschen eine Sprache für die neue, fremde Heimat gibt.
Wir könnten immer weiter Namen aufzählen. Von Engagierten, die einfach darum helfen, weil man das eben das so macht, von Ehrenamtlichen, die zurückgeben wollen, was sie selbst noch vor wenigen Monaten bekommen haben, von Menschen, die ein Miteinander auf Augenhöhe leben.
Nachhaltige Unterstützung
Vermutlich liegt das auch nicht unerheblich an der Leiterin des Übergangswohnheimes: Arso Gürtekin hat sich die Fluchterfahrung ins Familiengedächtnis eingeprägt: Ihre Eltern sind Mitte der 80er Jahre aus Afghanistan geflohen. Sie studierte in Deutschland und Australien, hatte Erfolg in der freien Wirtschaft – aber das reichte ihr nicht. Die Politikwissenschaftlerin wollte Menschen helfen, ganz konkret. Also übernahm sie den Job als Einrichtungsleiterin. Seit 2014 leitet sie nun das Wohnheim mit Herzblut und scheinbar unerschöpflicher Energie.
Teestunde im Übergangswohnheim. Im pinken Blazer: Arso GürtekinDas ist das Besondere an diesem Wohnheim: Unterstützung ist hier nachhaltig und bedeutet weit mehr, als im Alltag für das Nötigste behelfsmäßige Lösungen zu finden. Solidarität geht weit über das Alltägliche hinaus. Auch deshalb bleiben Menschen wie Mohammad Zafar und helfen denen, die nach ihnen kommen. Wir haben tolle Engagierte kennengelernt und beeindruckende Gespräche mit ihnen führen dürfen. Wir freuen uns schon auf die Videos, in denen wir sie vorstellen können.
Zur AWO Bremen: http://www.awo-bremen.de/
Aber jetzt geht es erst einmal weiter. Nächster Halt: Ludwigslust. Wir melden uns!
P.S.: Wer den Reiseantritt verpasst hat: Hier geht es zum ersten Eintrag ins Reisetagebuch.
Die Patenschaften begleiten wir im Rahmen der Patenschaftskampagne "Weil uns mehr verbindet - als uns trennt!". Die AWO hat knapp 3.600 Patenschaften für geflüchtete Menschen übernommen. Sie wird gefördert vom Patenschaftsprogramm des BMFSFJ "Menschen stärken Menschen". Die Patenschaftskampagne ist Bestandteil des AWO-Themenjahres "Für Menschen nach der Flucht. Gemeinsam in Würde leben".
#wasunsverbindet
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